Zu spät – Sekretärin in höchster Not (Kurzgeschichte)

Zu spät
Sekretärin in höchster Not

Dritte Geschichte aus dem Buch »Goldene Lust«

Von Rebecca Valentin

Kurzgeschichte, erschienen am 17.10.2024

VG Wort

Junge Sekretärin am Konferenztisch.

 

Sehnsüchtig fieberte Ines dem Ende der Vorstandssitzung entgegen, an der sie seit dem Morgen teilnahm und fleißig das Protokoll führte. Sie tat es zum ersten Mal, entsprechend unerfahren war sie an diese Aufgabe herangegangen. Dass es sich so lange hinziehen konnte und es hierfür sinnvoll gewesen wäre, zur Sicherheit vorher noch einmal die Toilette zu besuchen, hatte ihr im Zuge dessen niemand gesagt. Sie war, im Gegensatz dazu, vollkommen unerwartet gebeten worden für eine Kollegin einzuspringen, welche sich unwohl gefühlt und gleich darauf krankgemeldet hatte.

 

Nun saß sie hier seit neun Uhr und hoffte inständig, dass die Manager bald zu der beendenden Abstimmung kommen würden, damit sie endlich die Gelegenheit bekäme, zum Klo zu gehen. Der Druck auf ihrer Blase war inzwischen mächtig hoch und sie fürchtete, dass sie ihm nicht mehr allzu lange würde standhalten können.

Nervös schob sie ihren Stuhl zurück, schlug die Beine übereinander, die Schreibunterlage auf ihren Knien liegend und blickte auf die Wanduhr über der Tür. Kurz nach dreizehn Uhr. Eine Pause zwischendurch war nicht vorgesehen, da dieses wirklich wichtige Thema mit einer Frist belegt war und eilig entschieden werden sollte.

Dass es aber auch schon so irrsinnig dringend ist … vielleicht hätte ich am Morgen weniger Kaffee trinken sollen, überlegte sie fahrig. Aber ich konnte doch nicht ahnen, dass ich heute noch hier landen würde, rechtfertigte sie sich vor sich selbst. Allmählich gewann der immense Druck auf ihre Blase die Oberhand über ihre Konzentration. Es fiel ihr zunehmend schwerer, die Worte der Redner mitzuschreiben. Ihre Gedanken drehten sich ausschließlich um die Frage, wann es ihr endlich gestattet sein würde, zur Toilette zu gehen.

 

Ines musste sehr nötig pullern, doch ein Verlassen des Raumes war undenkbar. Sie durfte keine der Redepassagen versäumen, zumal sie sich in der Probezeit befand, in der sie nicht unangenehm und als unzuverlässig auffallen wollte. Also hieß es, die Zähne zusammenzubeißen und es auszuhalten, bis diese verfluchte Besprechung zu Ende sein würde.

Möglichst unauffällig bewegte sie ihre linke Hand unter das Klemmbrett und versuchte, den Kostümrock zwischen ihre Beine zu schieben. Auf diese Art hoffte sie, sich ein wenig zuhalten zu können. Es gelang ihr nicht, zu eng und figurbetont geschnitten war das Kleidungsstück. So vertraute sie weiterhin auf die Kraft ihres Beckenbodens und des Blasenschließmuskels und betete innerlich, dass diese noch eine Weile durchhalten mögen.

Ihr gegenüber wurde Kaffee eingeschenkt. Es plätscherte geräuschvoll in der Tasse und erinnerte sie verheißungsvoll an den Klang von Urin, der sich in das Wasser einer Kloschüssel ergießt. Wenn sie doch auch nur dürfte …

 

Sie rutschte mit ihrer Hüfte nach hinten, setzte sich kerzengerade hin. Die Veränderung der Körperhaltung half für einen kurzen Moment, doch bald meldete sich ihr Druck zurück – unnachgiebig und stark wie nie zuvor. Langsam wurde es wirklich knapp. Was sollte sie nur tun?

Sie wippte mit den Füßen und presste ihre Schenkel enger zusammen. Was sagte der Vorsitzende da gerade? Sie hatte seine letzten Worte nicht verstanden, ausgerechnet seine! Ihn zu bitten, diese noch einmal zu wiederholen, war undenkbar. Ines musste diese Lücke wohl oder übel auf ihrem Papier belassen. Wenn sich doch nur ihre Blase nicht immerzu in ihre Gedanken mischen würde …

Der Drang zu pinkeln war unendlich heftig – dass sie sich ihn nach außen nicht anmerken lassen durfte, verstärkte ihre Verzweiflung um ein Vielfaches. Sie verspürte das Bedürfnis, sich in ihrer Not zu bewegen und begann, so unauffällig es ihr möglich war, mit der Hüfte zu wippen. Nachdem sie von ihrem Sitznachbarn zur Linken jedoch einen irritierten Blick geerntet hatte, unterdrückte sie dieses Verlangen mühevoll. Es wurde immer schlimmer; ihre Muskeln fingen an zu krampfen.

In der Hoffnung, es würde ihr ein wenig Linderung verschaffen, beugte sie sich nach vorn. Die Idee erwies sich allerdings als Irrtum – es brachte keine Besserung. Nichts von dem, das sie probierte, half ihr weiter. Ines wusste weder ein noch aus; sie kämpfte mit ihrer Selbstbeherrschung in einer Situation, die ihr zunehmend aussichtsloser erschien. Mitzuschreiben war sie kaum mehr in der Lage.

 

Nach weiteren qualvollen Minuten passierte, wovor Ines sich trotz höchster Pein gefürchtet hatte: Ihr geplagter Blasenschließmuskel gab dem immensen Druck nach und ein heißer Schwall ihres Urins ergoss sich in ihr knappes Höschen. Erschrocken und einem ersten Impuls folgend, fuhr ihre Hand unterhalb des Rocks in ihren feuchten Schritt hinein. Hektisch blickte sie sich um. Hiervon aufmerksam geworden, richteten sich mehrere Augenpaare der anzugtragenden Vorstandsmanager auf sie und bemerkten nun, was mit ihr los war. Oder war dieser Eindruck falsch? Registrierten sie den Pipi-Unfall gar nicht, sondern wunderten sich lediglich über ihre plötzlich aufgekommene Hektik? Ob sie sich wirklich denken konnten, wie überaus nötig sie zur Toilette musste? Sicherlich konnte niemand von ihnen nachvollziehen, wie unsagbar heftig das Verlangen ihrer randvollen Blase inzwischen war, geleert zu werden …

Sie fühlte den nass-warmen Stoff, der sich weich in ihre Mitte schmiegte. Für jene zarte Empfindung hatte die junge Sekretärin jedoch keinen Gedanken übrig, zu sehr war sie von der Anstrengung beherrscht, diesen Ausrutscher nicht noch einmal geschehen zu lassen.

Der Herr rechts neben ihr lächelte ihr ermutigend zu, doch Ines sah kaum hin. Ihre Wangen waren rot und ihr Atem raste geradezu. Die Hand noch immer unter dem Rock in ihren Schoß gepresst, versuchte sie sich zuzudrücken.

 

Endlich! Sie gingen über zur Abstimmung. Die entscheidende Frage wurde gestellt – zu ihrem Unglück gelang es Ines jedoch nicht, sie mitzuschreiben. Ihre Konzentration war gänzlich verlorengegangen, nur noch die Angst, komplett die Kontrolle zu verlieren, beherrschte sie. Und als die Mitglieder des Vorstands nacheinander die Hände hoben, um ihre Stimmen abzugeben, rann es ein zweites Mal heiß aus ihrem Schoß heraus. Tränen füllten ihre Augen – sie war nicht in der Lage gewesen, es zu verhindern. Ihre Blase lief über, einfach so. Sie gab einen Teil des lange aufgestauten Urins von sich – wieder nur eine kleine Menge, die jedoch ausreichte, dass Ines heftig erschrak und in ihrer Verzweiflung ungewollt aufstöhnte. Nun schaute auch der Letzte aus der Runde zu ihr herüber. Ihr Slip war vollkommen nass; sie befürchtete zu Recht, dass die Feuchtigkeit mittlerweile auch außen am Rock zu sehen sein würde.

Als die Sitzung kurz darauf aufgelöst wurde, und die Führungsriege sich von den Plätzen erhob, ließ Ines in dieser Sekunde ihre Unterlagen auf den Tisch fallen und stolperte mit zusammengepressten Schenkeln und so beherrscht, wie es ihr nur irgend möglich war, aus dem Besprechungsraum heraus.

Ich muss, ich muss, ich muss! Bitte lasst mich durch, ich will es noch halbwegs trocken aufs Klo schaffen, war alles, was sie noch denken konnte.

 

Auf dem Flur war ihre schauspielerische Leistung passé. Panisch rannte sie in Richtung der Damentoilette, die sich unmittelbar neben dem Herren-WC befand. Schnell, schnell, trieb sie sich selber an. Dort angekommen war es dann endgültig zu spät. Den Türgriff bereits in der Hand haltend, gab ihre Blase jedes weitere Bestreben der Kooperation auf.

Mit übereinandergekreuzten Schenkeln, die Finger unterhalb des Rocks auf ihr durchfeuchtetes Höschen gepresst, konnte sie nichts mehr tun, als es zuzulassen. Sie pinkelte, ohne dass sie es wollte. Hilflos sah sie an sich herunter; ihr durchtränkter Slip wurde nass und nasser; unbarmherzig lief der warme Urin ihre Beine hinab, bis in die Absatzschuhe hinein. Sie schämte sich in Grund und Boden, während sie gleichzeitig von einer Woge der Erleichterung durchströmt wurde.

 

Ein Großteil der Manager, deren Reden sie eben noch unter großer Anstrengung mitgeschrieben hatte, kam eilig hinter ihr den Gang hinunter. Auch für sie war das Meeting lang gewesen, hinzu kam, dass sie währenddessen reichlich Kaffee zu sich genommen hatten. Ähnlich wie Ines zuvor, hatten auch sie sich beherrschen müssen, obwohl ihre Blasen ebenfalls an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt waren.

Verstohlen drückten und kneteten sie während des Gehens den Schritt ihrer Anzughosen.

Indessen sie Ines fern jeder Kontrolle und niedergeschlagen vor der Tür des Waschraums erblickten, zeigten sie sich zum Teil erstaunt, in der Mehrheit jedoch mitleidig. Allerdings blieb für Emotionen von ihrer Seite kaum Zeit. Die Toilettentür der Herren wurde aufgerissen; bemüht, nicht unkontrolliert loszustürmen, drängten sie sich hinein. Da der Raum jedoch nur über drei Urinale verfügte, warteten einige der Geschäftsmänner auf dem Flur, bis sie an der Reihe waren. Die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, gaben sie sich möglichst souverän, obgleich ihr Blasendruck sie heftig malträtierte.

 

Ines stand vor der Truppe, sich vollkommen ausgeliefert in ihren Slip pinkelnd. Tränen rannen ihr aus den Augen – was konnte sie anderes tun, als es nur noch laufen zu lassen? Derart bloßgestellt wünschte sie, dass der Boden sich in dieser Sekunde auftun und sie komplett verschlingen möge. Leider geschah dieses nicht.

»War auch wirklich lange heute, hm? So wie Ihnen geht es mir übrigens auch gleich, wenn die da drin sich nicht ein bisschen beeilen.« Es war einer der Wirtschaftsbosse, der sie freundlich, durch die Zähne gepresst, ansprach. Mit einer seitlichen Kopfbewegung deutete er auf die Tür des Herrenklos, die rechte Hand hielt er in der Tasche seiner Hose in Bewegung. Zusätzlich beugte er sich mit voreinandergeschobenen Oberschenkeln nach vorn, wie die junge Frau nebenher erfasste. Ein Zweiter, in einem dunkelgrauen Anzug, verfügte, als er den Zustand der Sekretärin mitsamt ihren Tränen bemerkte:

»Es ist okay, so etwas kann passieren. Fahren Sie nach Hause und ziehen sich um.« Die Büroangestellte nickte dankbar, versuchte ein Lächeln und ging, nun deutlich langsamer, zurück in den Konferenzraum. Der nasse Stoff des Slips rieb sich bei jeder Bewegung an Schamlippen und Pobacken.

Im Besprechungszimmer angekommen, nahm sie ihre Notizen an sich, wobei sie auf das Papier hinunterschaute und Teile des Sitzungsprotokolls entdeckte, die dort in einer ihr fremden Handschrift geschrieben standen. Ein Schmunzeln überzog ihr Gesicht – es hatte jemand die fehlenden Worte des Vorsitzenden, die sie wegen ihrer beachtlichen Not zuvor nicht hatte mitschreiben können, ergänzt. Heilfroh und ihrem unbekannten Retter unermesslich dankbar, schickte sie ein aufrichtig gemeintes Lächeln in den nunmehr leeren Raum hinein.