Dass ich jemals so furchtbar in Bedrängnis geraten könnte, wie gestern im Büro, hätte ich mir selbst in meinen schlimmsten Alpträumen nicht auszumalen gewagt. Und doch ist es passiert – ausgerechnet vor den Augen Björns, einem Kollegen aus der IT-Abteilung, in den ich seit längerem verliebt bin. Wie ich an manch flirtendem Blick erkannt hatte, hegte er ebenfalls Interesse an mir. Ihm jedoch auf eine derart beschämende Weise näherzukommen, war gewiss nicht meine Absicht gewesen; für die erste Umarmung hätte ich mir eine deutlich stimmungsvollere Kulisse gewünscht als eine der Damentoiletten unserer Firma …
Begonnen hatte die schamvollste und zugleich wunderbarste Situation meines Lebens auf dem Sektempfang des Abteilungsleiters. Dieser hatte anlässlich seines Geburtstages einen kleinen Umtrunk in der Teeküche organisiert, alkoholfrei, versteht sich.
Es war kein Schwips nötig, wir scherzten und lachten auch ohne Trunkenheit fröhlich miteinander. Diese ausgelassene Stimmung musste mich veranlasst haben, eine größere Menge zu trinken, als ich es im Allgemeinen tat – wegen meiner leidigen Inkontinenz war ich es gewohnt, die Anzahl der geleerten Gläser penibel mitzuzählen. Ständig achte ich akribisch genau darauf, nicht mehr Flüssigkeit zu mir zu nehmen, als die Schutzeinlage anschließend wieder aufzufangen in der Lage war.
An diesem frühen Vormittag, der von allerlei Gejohle und lustigen Witzen begleitet wurde, hatte ich jene Vorsichtsmaßnahme scheinbar gedankenlos über Bord geworfen – ein prekärer Fehler, wie sich ein paar Stunden später herausstellen sollte …
Bereits zur Mittagszeit war die Inkontinenz-Einlage in meinem Slip durchnass. Natürlich, nicht nur der Kaffee nach dem Aufstehen zuhause, auch die reichlich genossenen Gläser des antialkoholischen Sekts und die Selters, die ständig auf meinem Schreibtisch parat stand, waren nahezu ohne Verzögerung wieder aus mir herausgelaufen. Dabei hatte ich mich mit dem Mineralwasser sicherheitshalber schon zurückgehalten. Dennoch war das alarmierend kitzelnde Gefühl des Urinflusses nicht auszublenden gewesen, das mich auf direktem Wege und mit berechtigter Sorge, die Einlage könnte ihre Belastungsgrenze erreicht haben, zum einzig vorhandenen Klo unserer Etage gescheucht hatte.
Das Pinkeln, welches stets von ganz allein und ohne meine Kontrolle losgeht, zu unterdrücken, war mir von Kindesbeinen an unmöglich. Das Resultat dessen zeigte sich nun, als ich mit heruntergelassenem Höschen, meinen hellen Shorts und der schwarzen Nylonstrumpfhose im WC der weiblichen Angestellten stand und die normalerweise extrem saugfähige Inko-Einlage betrachtete: Sie war dermaßen nass, das sie nicht weit davon entfernt war, zu tropfen. Glücklicherweise wurde dies von dem Gel-Kern in ihrem Inneren verhindert, ansonsten wären mit Sicherheit beschämende Spuren des total durchfeuchteten Wäscheschutzes nach außen gedrungen.
Aus Erfahrung wusste ich, dass mir eine Einlage ausreichte, um den Arbeitstag im Büro zu überstehen. An diesem Tag lagen die Umstände allerdings anders: Ich hatte den Leichtsinn die Oberhand gewinnen lassen und nicht im Geringsten auf die vermaledeite Trinkenmenge geachtet. Leise fluchend ärgerte ich mich – einerseits über mein fahrlässiges Verhalten und andererseits darüber, nur selten eine zweite Schutzeinlage bei mir zu haben. Ich weiß, es ist ausgesprochen dämlich, doch die einzige Möglichkeit wäre, sie ständig in meiner Tasche mit mir herumzutragen, das Symbol der verhassten Inkontinenz permanent präsent. Genauso wenig kommt es für mich in Frage, eine der Always discreet in meinem Rollcontainer unseres Großraumbüros zu deponieren, die Furcht vor einer demütigenden Entdeckung ist einfach zu groß.
Jetzt stand ich da, vollkommen ratlos und mit der komplett beanspruchten Inko-Einlage in meinem Slip. Was soll ich tun, überlegte ich angestrengt. Bevor es doch noch anfängt, feuchte Flecken zu hinterlassen, würde mir wohl nichts anderes übrig bleiben, als das nass-strapazierte Teil herauszunehmen und zu versuchen, die restlichen Stunden ohne den gewohnten Schutz zwischen den Beinen zu überstehen …
So sehr ich es drehte und wendete, ich hatte keine andere Wahl – der extrem überlastete Saugkern war garantiert nicht mehr fähig, auch nur den kleinsten Tropfen von meinem Pipi aufzunehmen, und eine zweite Einlage gab es nicht.
Mit dem Mut der Verzweiflung nahm ich mir vor, bereits auf leiseste Anzeichen des Harndrangs zu achten, um sofort darauf wie ein geölter Blitz zur Toilette zu rennen. Wenn ich den Rest des Arbeitstags nur aufmerksam genug vorgehen und angemessen schnell sein würde, hätte ich eventuell eine Chance, mit trockenem Höschen davonzukommen.
So passte ich also auf wie ein Schießhund, konnte mich kaum auf meine Arbeit konzentrieren und ließ einiges liegen, was unter anderen Gegebenheiten mit Links zu erledigen gewesen wäre. Immerzu spürte ich in mich hinein, registrierte jede noch so unbedeutende Regung meines Unterleibs nervös, bis es irgendwann so weit war, und ich das charakteristische Kitzeln am Ausgang der Harnröhre eindeutig wahrnahm.
Hiervon aufgeschreckt schoss ich von meinen Drehstuhl hoch und hetzte dem Klo eilig entgegen. Oh Gott, ich muss es schaffen, ich muss ganz einfach, beschwor ich den Allmächtigen im Geiste, erreichte den gefliesten Vorraum und drückte die Klinke der WC-Tür schon herunter, als ich im selben Moment begriff, dass sie fest verriegelt war. Wimmernd presste ich mir die Finger in den Schritt und hämmerte mit der freien Hand gegen das Türblatt.
Die Kollegin, die sich dort eingeschlossen hatte, reagierte mit leidender Stimme:
»Sorry, bei mir dauert’s noch, hab das Mittagessen irgendwie nicht vertragen …«
Bitte nicht, das kann nicht wahr sein – ausgerechnet heute und in exakt diesem Augenblick hat Iris Durchfall, haderte ich eine winzige Sekunde lang mit meinem Schicksal, hatte dann aber die rettende Idee, die Toilette, die sich ein Stockwerk höher befand, aufzusuchen.
Den Schließmuskel der Blase so kräftig angespannt wie möglich, stolperte ich mit eng zusammengekniffenen Beinen aus dem Klo heraus und machte mich, so schnell ich konnte, auf den Weg in die nächste Etage, in der die IT-Abteilung des Unternehmens untergebracht war.
Während des Laufens fühlte ich bereits erste Feuchtigkeit in meinem Schritt, was mich dazu brachte, das Tempo enorm zu beschleunigen und ein noch inständigeres Gebet gen Himmel zu senden, in welchem ich flehend bat, das ersehnte Ziel mit trockener Kleidung zu erreichen.
Es war so wahnsinnig dringend und das Pinkeln im wahrsten Sinne des Wortes unaufhaltbar. Ich hatte keine Zeit zu verlieren, so dass ich nicht wie üblich, wenn ich diesen Bereich unserer Firma betrat, verstohlen zum gutaussehenden Björn schaute, der hinter einer der deckenhohen Glaswände, die die Arbeitsbereiche des Unternehmens von den Korridoren trennten, an seinem Computer saß.
Einzig auf die in Aussicht stehende Erlösung fokussiert, stürmte ich auf das Damen-WC zu und hielt schon den Türgriff in der Hand, als ich im selben Moment mit blankem Entsetzen erfasste, wie sich der Inhalt meiner Harnblase verselbstständigte und mir geradewegs in den Slip rauschte. Es war vorbei; ich konnte es beim besten Willen nicht mehr einhalten.
Nein, bitte nicht! Nur das nicht, ich kann mir doch nicht hier in die Hose pinkeln, war alles, was mein Verstand hervorbringen konnte. Kein anderer Gedanke hatte in meinem Kopf Platz, keine hiervon abweichende Sichtweise als die absolute Gewissheit, dass ich soeben die Blamage meines Lebens erlitt, schaffte sich in meinem Denken und Fühlen Raum.
Diese verdammte Inkontinenz, und alle können es sehen, weinte ich unter Tränen in mich hinein. Zeitgleich musste ich geschehen lassen, dass mir der warme Urin kontinuierlich an den Innenseiten meiner nylonbestrumpften Schenkel hinab rann.
Es dauerte nicht lange, bis Slip und Shorts restlos von meinem Pipi getränkt waren, und der Rest sichtlich glänzende Streifen auf dem feinen Stoff der Strumpfhose hinterließ. Die kurzgeschnittene weiße Hose war vom gesamten Schoß bis nach hinten zum Po dunkel von der Nässe verfärbt; sogar bis in meine Absatzschuhe floss es hinein, um die Zehen warm zu umspülen. Als hätte sich in der kurzen Zeitspanne erneut eine riesige Menge Urin angesammelt, wollte es nicht aufhören, aus meiner Blase herauszulaufen.
Noch nie in meinem Leben war mir eine Situation derart peinlich gewesen, wie diese, in der ich mich so niedergeschlagen befand. Ein Tränenschleier lag über meinen Augen, doch ich brauchte ohnehin nicht hinzuschauen, um zu wissen, dass die Blicke von sämtlichen Angestellten, die die EDV betreuten, auf mich und mein furchtbares Unglück gerichtet waren. Allen voran sah Björn von seiner Arbeit auf, der im Gegensatz zu seinen Kollegen jedoch nicht zögerte, sofort zu mir zu kommen und mich Häufchen Elend wortlos in die Arme zu nehmen.
Wie unaussprechlich gut es sich anfühlte, von ihm gehalten zu werden – speziell in der desolaten Lage, in der ich mich befand und von der ich glaubte, sie würde mich mit all ihrem Schrecken, der Blamage und der Schande buchstäblich verschlingen.
»Hey Amélie, nicht weinen«, hörte ich seine beruhigende Stimme flüsternd an meinem Ohr.
»Ich kann nicht aufhören, das hier ist zu schrecklich«, gab ich schluchzend zurück, obwohl ich tief in mir spürte, dass es mir bereits deutlich besser ging als vor Björns Erscheinen. Hätte ich die nass-romantischen Folgen, die mein Pipi-Unfall nach sich ziehen sollte, schon in diesem Moment vorausahnen können, wäre mein Befinden vor Freude geradewegs durch die Decke geschossen. So hingegen beließ ich es vorerst dabei, mein vor Verlegenheit gerötetes Gesicht an seiner Schulter zu verbergen und die zärtliche Umarmung mit klopfendem Herzen zu erwidern. Hierbei begann ich, den Augenblick trotz der zutiefst entwürdigenden Bedingungen regelrecht zu genießen. Schließlich war es Björn, in dessen Armen ich lag und der mich sanft im Nacken streichelte – egal was geschehen war und welches Chaos noch um uns herum ausbrechen sollte.
Einige wundervolle Minuten lang standen wir schweigend und einander intensiv fühlend da, danach setzte ich an, mit gesenkter Stimme eine Erklärung abzugeben, mit der ich mich unnötigerweise zu rechtfertigen versuchte:
»Weißt du, ich musste so dringend und unten war besetzt. Dann bin ich zu Euch hochgerannt, aber ich hab’s hier auch nicht mehr auf die Toilette geschafft.«
»Das war nicht zu übersehen«, lächelte der IT-Spezialist, in den ich seit meinem Beginn in der Firma verschossen war, und wischte mit dem Daumen seiner rechten Hand die letzten Tränen fort. »Außerdem ist es nicht wichtig. Hauptsache du bist hier, Amélie, ob deine Klamotten nun nass sind, oder nicht. Ich finde dich immer toll. Du kannst dir nicht vorstellen, wie oft ich schon davon geträumt habe, dich endlich mal zu umarmen und zu küssen.«
Während er mir diese Worte zuraunte, die mir tief unter die Haut gingen und mein Innerstes mit purem Glück füllten, sprach sein tiefgehender Blick Bände. Seine Augen erzählten von einer Liebe zu mir, die weit über das Maß einer flüchtigen Schwärmerei hinausging, und die ich ebenso für ihn fühlte.
»Dann küss mich doch«, forderte ich den Mann meines Herzens mit pitschnassem Höschen und tropfenden Shorts unverblümt auf – eine Einladung, die er nur zu gern annahm, und deren liebevoller Verlauf, in dem wir unsere Lippen nur höchst ungern wieder voneinander lösten, mir sicher auf ewig in Erinnerung bleiben wird …