»Ich an deiner Stelle würde das lassen.«
»Hm?« Irritiert halte ich inne und sehe meine Liebste an, die mit in die Taille gestemmten Händen in der Küchentür steht. Gerade wollte ich den ersten Schluck des aromatischen Kaffees zu mir nehmen – mein Lebenselixier, wenn ich schon vor acht aus dem Haus muss.
»Der Tag kann ganz schön lang werden, wenn du dich jetzt schon mit Kaffee zuschüttest.« Ein maliziöses Lächeln spielt um ihre Mundwinkel. Ich sehe jedoch an ihren Augen, dass sie nicht sonderlich gut aufgelegt ist. So schaut Florence, wenn ich etwas verbockt habe. Ich brauche tatsächlich einen Moment, um zu verstehen, wovon sie redet, dann allerdings dämmert es mir. Fassungslos starre ich sie an.
»Das ist jetzt aber nicht dein Ernst, oder?« Der herrliche Duft steigt in meine Nase. Ich traue mich und nehme einen ersten, kleinen Schluck. Köstlich, wenn auch noch zu heiß.
»Du hast es versprochen, Kay. Ich verlasse mich darauf. Das kommt davon, wenn man den Mund so voll nimmt …«
Mit diesen Worten verlässt meine Verlobte die Küche und ich höre, wie sie ins Badezimmer verschwindet. Schlagartig ist meine gute Laune verpufft. Wenn auch sonst vieles an mir abperlt wie Wasser an einem Südwester, Missstimmungen mit Florence hasse ich. Zu Hause brauche ich Frieden, bin das, was meine Schöne ein wenig spöttisch harmoniesüchtig nennt. Zumeist funktioniert dies auch hervorragend, da wir einfach ein tolles Team und im Normalfall auch einer Meinung sind.
Diesen Ausfall heute Morgen habe ich Cedric, dem kleinen Bruder meiner künftigen Frau, zu verdanken. Er ist der einzige Grund, aus dem sie sich derart aufführt. Etwas hilflos und ein bisschen spaßbefreit ist der junge Mann immer, weshalb ich genau weiß, dass Abende mit ihm mit Vorsicht zu genießen sind. Allzu schnell schwingt meine Verlobte sich auf das sinnbildlich weiße Ross, um ihm zu Hilfe zu eilen, wenn die Sprüche für ihn zu derbe werden. Dabei meine ich es gar nicht böse. Ich bin den ganzen Tag auf Baustellen unterwegs und kann, meiner bescheidenen Meinung nach, selbst auch recht gut einstecken. Leider gab es daher auch schon die eine oder andere Gelegenheit, wo ich zu spät gemerkt habe, dass ich für Cedrics und Florences Geschmack über das Ziel hinausgeschossen bin. Gestern war einer dieser Abende – ein besonders dämlicher.
Frustriert starre ich auf die Tasse, nehme dann trotzig einen weiteren Schluck, einen kleinen. Dann gebe ich auf. Wütend schütte ich den Wachmacher in die Spüle, bevor ich das Gefäß lauter als notwendig auf die Arbeitsplatte knalle. Das war es dann mit dem genussvollen Start in den Tag.
Ich schnappe mir meine Schlüssel und die Jacke und verlasse grußlos das Haus. Das Wasserrauschen aus dem Badezimmer ignoriere ich ebenso wie meine kindische Partnerin, die mir diesen Mist hier eingebrockt hat. Wenn ich doch genauso lässig über die dumme Wette hinweggehen könnte, die ich gar nicht meinte, wie sie mir über die Lippen kam. Doch das wäre ein Eingeständnis, zu dem ich nicht bereit bin und auf Tage andauernder mieser Laune bin ich ebenfalls nicht scharf …
Auf der Fahrt in die Stadt komme ich an zwei Bäckereien vorbei, die köstlichen Kaffee anbieten, wie ich aus Erfahrung weiß. Oft genug halte ich hier an, um mir ein Croissant und Koffeinnachschub zu besorgen, wenn die Nacht besonders kurz war.
Leider sieht man das meinem Wagen an; überall liegen leere Pappbecher herum. Genervt starre ich auf den Müll, als ich an den Läden vorbeifahre. Auch auf Frühstück verzichte ich.
Diese Entscheidung tut mir jedoch zwei Stunden später leid, als ich mit knurrendem Magen in einer Besprechung mit einem nervend peniblen Bauherrn stecke, die einfach nicht enden will. Wider besseren Wissens steht nun doch eine Tasse vor mir; die obligatorischen Kekse habe ich bereits während eines endlosen Monologes über die Versäumnisse des Bauamtes weggeknuspert – waren ziemlich trocken.
Ich nehme einen Schluck Kaffee, atme tief durch und bemühe mich, den Druck meiner Blase zu ignorieren, die sich meldet. Die große Uhr an der Wand zeigt gerade einmal Viertel vor zehn, dies ist das erste Getränk des Tages und ich weiß überhaupt nicht, wovon ich pinkeln muss. Was ich allerdings weiß, ist, dass der Arbeitstag bis mindestens vier Uhr dauern wird und das auch nur, wenn ich mich beeile. Da ist der nach wie vor salbadernde Herr Vogler mit seiner lahmen Art eigentlich gar nicht drin.
»Wenn ich Sie an dieser Stelle einmal unterbrechen darf …«, grätsche ich nun entschlossen dazwischen. Ich trinke aus und erhebe mich. Ein unmissverständliches Zeichen.
»Ich schlage vor, dass wir die Einzelheiten dann beim nächsten Mal erörtern. So leid es mir tut, ich habe noch einen weiteren Termin und müsste dann so langsam …« Wie wahr diese Aussage ist, bemerke ich bei einem neuerlichen Ziehen in meinem Unterleib. Ich verfluche in dieser Sekunde den gestrigen Abend, Cedric und seine Unbeholfenheit, meine eigene große Klappe und die fiese Ader meiner Holden, die sich selbstverständlich sofort auf die Seite ihres Bruders schlug. Dieser hatte jammernd davon berichtet, durch welche Hölle er gegangen war, weil er während einer Klausur nicht mehr aufs Klo durfte, nachdem die ersten Kommilitonen ihre Arbeiten bereits abgegeben hatten.
Gut, das war vielleicht nicht die feine englische Art, weder von den Studenten, noch vom Prof, der sie annahm und allen anderen damit die Option eines Toilettengangs verwehrte. Mein Spruch, dass Cedric es als Ansporn zum Fertigwerden hätte nehmen sollen und man jawohl mal aushalten könne, nicht pinkeln zu gehen, sorgte für eine Empörung, mit der ich beim besten Willen nicht gerechnet hatte. Wichtige Prüfung, Zukunft, würdelose und absolut überflüssige Quälerei – für meinen Geschmack ein wenig zu hoch gegriffen und der Alkohol, den ich zu diesem Zeitpunkt bereits intus hatte, machte mich nicht eben besonnener.
»Ich gehe manchmal den ganzen Tag nicht zum Klo«, verkündete ich großspurig. »Wenn viel zu tun ist, muss man das schonmal aushalten können.« Entfallen war mir, dass ich zumeist literweise Kaffee süffelte und es eigentlich immer eine Gelegenheit gab, sich zu erleichtern – wenn nicht auf einer Toilette oder einem Baustellenklo, dann zumindest an einem Baum.
Tja, das Ende vom Lied war, dass Florence und Cedric mich herausforderten, es heute zu beweisen. Prüfen würden sie es nicht können, doch dabei zu mogeln, das geht über meine Ehre.
Mit zügigen Schritten verlasse ich das Bürogebäude und strebe zu meinem Wagen. Viel deutlicher als sonst nehme ich den Druck im Unterleib wahr. Schon jetzt verfluche ich den einen, mickrigen Kaffee, stelle zu meinem großen Unbehagen allerdings fest, dass ich inzwischen ernsthaft Durst habe.
Mein Blick streift die halbvollen Getränkeflaschen auf dem Rücksitz – in mindestens zwei müsste noch Kohlensäure sein und wenn nicht, ist es mir in der Regel auch gleichgültig. Ich wäge ab. Durstig weiterzufahren ist keine verlockende Idee. Ich entscheide mich jedoch für diese Option und beschließe, mich bei Ankunft im Büro dann mit einem Schlückchen zu belohnen. In Maßen trinken, lautet das Zauberwort, um es noch eine Weile hinauszuzögern.
Die Fahrt dauert nicht länger als gewöhnlich und doch kommt es mir so vor. Jedes Kuppeln, jede rote Ampel lenkt meine Gedanken auf den Füllstand meiner Blase und das Verlangen, diese zu entleeren.
Nervös zerre ich den Beckengurt nach vorn, um zu verhindern, dass er zusätzlichen Druck ausübt. Obwohl es völlig gleichgültig ist, wo ich vor mich hin leide, ist der Gedanke an mein Büro einigermaßen tröstlich. Dort wird immerhin ein Waschraum in der Nähe sein, falls ich feststellen muss, dass ich es gar nicht mehr aushalte.
In der Realität ist es dann jedoch eine noch größere Pein, an der Tür mit dem obligatorischen Männchen vorbeizugehen. Im Auto habe ich mich nicht dazu durchringen können, etwas zu trinken, halte die halbvolle Limonadenflasche deshalb in der Hand und weiß, dass ich auf keinen Fall drumherum kommen werde.
Ergeben sinke ich in meinen Schreibtischsessel, drehe den Verschluss auf und nehme vorsichtig einige Schlucke. Wenigstens das ekelhafte Durstgefühl wird weniger.
Zwei Stunden später ist die Flasche leer und eine der Mini-Wasserflaschen aus der Teeküche habe ich ebenfalls geleert, zusammen mit dem Joghurt, der heute Frühstück und Mittagessen ersetzen muss. Meine Blase steht kurz vor dem Platzen. Dabei spielt mir mein Kopf wahrscheinlich einen Streich - ich erinnere mich nicht, jemals dermaßen dringend gemusst zu haben. Ein übles Gefühl, wie ich verzweifelt feststelle.
In meiner jetzigen Lage ist mir jede Überheblichkeit vergangen und mehr als einmal habe ich mit dem Gedanken gespielt, schnell p**sen zu gehen und dann im Normalmodus weiterzumachen. Andererseits wäre das wohl kein faires Spiel und ich gebe zu, mein Stolz steht mir da zusätzlich im Weg. Wobei die Frage, was diese elende Folter noch mit Stolz zu tun hat, eine berechtigte wäre.
Hektisch greife ich mir in den Schritt und knete meinen Schw**z, der halbsteif von innen gegen den Slip drängt. Aus Erfahrung weiß ich, dass eine Erektion nun hilfreich sein könnte, doch weder ist meine Lage sonderlich geil, noch das Ambiente, in dem ich mich befinde.
Als eine erneute Welle des Müssens über mich hinwegflutet, stöhne ich unwillkürlich auf und bin dann froh, allein im Büro zu sein. Vom Gedanken an Arbeit habe ich mich verabschiedet. Aktuell kann ich kaum sinnvolle Aufgaben erledigen. Ein bisschen Mitgefühl mit Cedric überkommt mich. Wenigstens muss ich nun keine Klausur schreiben, wobei die Zeit ohnehin lange vorüber ist.
Wieder krampft es in meinem Unterleib und ich krümme mich zusammen. Die Beine verschränkt, die Hand dazwischen gepresst, frage ich mich, was ich hier eigentlich treibe. Und natürlich, warum, verdammt noch eins, ich p**sen muss wie ein Rennpferd?! Ist das der Rest von gestern Abend?
Mein Mund fühlt sich trocken an, Durst habe ich noch immer, ich habe viel zu wenig getrunken. Dennoch quält mich der Gedanke an jeden einzelnen Tropfen. Hunger habe ich auch. Nervös wippen meine Füße, es läuft mir kalt den Rücken hinunter. Nur knapp verhindere ich einen Unfall, als ich mit aller Macht gegenhalte – und in dem Moment wird mir bewusst, dass ich es vergessen kann, bis nachmittags zu Hause durchzuhalten. Das war mir schon länger klar, dass ich nicht mehr ins Auto würde steigen wollen – nicht tragisch, wenn ich wenigstens hätte berichten können, wie ich mannhaft durchgehalten und dann kurz vor Feierabend, aus Sicherheitsgründen quasi, das Klo aufgesucht habe.
Erneut überkommt mich der Drang so heftig, dass ich aufstöhne. Das Telefon auf meinem Schreibtisch klingelt, doch ich würdige es keines Blickes. Es geht einfach nicht. Ich sehe ein, dass das Einzige, was ich noch tun kann, aufzugeben ist.
Die Zeiger der großen Wanduhr stehen noch nicht einmal auf zwei. Ich hänge mit der Arbeit ohnehin tierisch hinterher und bin wütend über diesen ätzenden Tag. Zur Wut mischt sich außerdem eine gewisse Portion Hoffnungslosigkeit, als ich mich frage, wie das hier nun weitergeht.
Der Weg zur Toilette, eigentlich nur kurz den Flur hinunter, erscheint mir derzeit wie ein Marathon. Die Türen zu den anderen Büros, die gewöhnlich offen stehen, werden es nicht besser machen. So knapp, wie es sich anfühlt, habe ich fast keine Chance mehr. Ich schaue mich um, doch leider habe ich ausgerechnet heute keine einzige Flasche in der Nähe, die ich zweckentfremden könnte. Ich atme tief durch. Gekrümmt und mit einer Hand fest um meinen Schw**z geklammert, humpele ich zur Tür. In der Sekunde, wenn ich sie aufreiße, darf es keine Verzögerung mehr geben.
Ich schnaufe leise. Und dann spurte ich los oder versuche es zumindest, denn der Start wird durch Ulf erschwert, der offenbar zu mir wollte und nun hart zur Seite gerempelt wird. Ich höre noch ein empörtes ›Ey, Alter‹, bevor ich den Gang hinunter stürze.
Ein paar einzelne Tropfen haben sich gelöst. Schon vor der Tür reiße ich die Knopfleiste meiner Jeans auf; ich fühle, dass der Urin nicht mehr aufzuhalten ist.
Zum Glück habe ich mein bestes Stück bereits aus der Hose, als der heiße Strahl hervorspritzt. Es klatscht auf die weißen Fliesen und ich ziehe eine gelbe Spur bis zum Waschbecken, in das ich mich nun erleichtere. Das Erreichen der Urinale im nächsten Raum hätte nur zu einer noch größeren Schweinerei geführt.
Mit einem Gefühl unsäglicher Erleichterung p**se ich voller Druck in das kleine Handwaschbecken, das reichlich Spritzer abbekommt. Egal, ich befürchte, dass ich ohnehin gleich saubermachen muss. Auch das noch – was für ein Mist. Unsagbar froh bin ich jedenfalls, dass die Klamotten einigermaßen trocken geblieben sind, von meinen Sneakers vielleicht abgesehen. Die werde ich nachher in die Waschmaschine werfen, haben es eh nötig.
Während ich, ganz versunken in dieses geile Gefühl – und ich schwöre, ich hatte schon Sex, der schlechter war – am Becken stehe, öffnet sich die Tür und Ulf kommt herein.
»Ey, Alter«, höre ich ein zweites Mal, »was stimmt mit dir denn nicht?« Im Brustton der Entrüstung fragt mein Kollege dies und völlig zu Recht. Statt zu antworten, beginne ich zu lachen. Albern und etwas unangebracht, da die Situation eigentlich nicht lustig ist. Das Putzen ist noch das geringste Problem, wenn ich das entgeisterte Gesicht ansehe. Ulf wird mir diese Nummer noch bei der übernächsten Weihnachtsfeier vorhalten, das weiß ich. Abgesehen davon habe ich wenig Lust, Florence von meinem Scheitern zu berichten. All das ist jedoch wurst. Grinsend sehe ich zu, wie die Reste der P**se aus meinem Schw**z tropfen und genieße die unsägliche Erleichterung. Manchmal sind es die Kleinigkeiten, über die man sich am meisten freut. Heute habe ich es mir wahrhaft verdient.
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