Das Aktmodell – Floras nasse Stunde (Kurzgeschichte)

Das Aktmodell
Floras nasse Stunde

Von Rebecca Valentin

Kurzgeschichte, erschienen am 10.10.2024

VG Wort
Aktmodell sitzt dringend pinkeln müssend auf einer Säule.

Obwohl sie im Familien- und Freundeskreis für ihre Verlässlichkeit bekannt ist und sich so gut wie nie verspätet, sollte es Flora heute nicht gelingen, pünktlich zu dem Termin in der Kunsthochschule zu erscheinen. Ein Umstand, über den sie sich erheblich ärgerte. Alles, was sie tun konnte, war, zu versuchen, die Spanne ihres Zuspätkommens so gering wie möglich zu halten. Dass sie hierbei pinkeln musste, gestaltete das Vorhaben nicht gerade einfacher …

 

Das ist so ein Tag, der wie verhext zu sein scheint, dachte die hübsche Blondine mit den hüftlangen Haaren, während es in ihrer Blase bereits heftig pochte. Zuerst war sie nach Feierabend im Job aufgehalten worden und danach hatte sie beim Einkaufen zufällig eine Freundin getroffen, mit der sie unversehens in einen Plausch geraten war. Sie hatten sich in der Bäckerei des Shoppingcenters einen Stehtisch erobert, zusammen mehrere Becher Kaffee getrunken und sich viel zu erzählen gehabt. Eigentlich nicht schlimm, aber ich musste mich ja unbedingt verplaudern und dabei komplett die Zeit aus den Augen verlieren, schloss sie seufzend ihr Resümee der ersten Tageshälfte ab, kein Wunder, dass ich jetzt Stress habe, weil der Professor mich natürlich rechtzeitig erwartet.

 

Nach dem Blick auf die Uhr hatte Flora sich gehetzt von der Freundin verabschiedet und das Einkaufszentrum hastigen Schrittes verlassen. Die Zeit war derart knapp gewesen, dass es für einen Abstecher zu den Kundentoiletten beim besten Willen nicht mehr gereicht hatte.

Ach, wird schon gehen, das halte ich irgendwie aus, bis ich ankomme, sprach sie sich Mut zu, als sie den Bus bestieg, der sie zur Hochschule für darstellende Künste im Süden der Stadt befördern sollte.

Auf der Fahrt spürte sie den Kaffee bald zunehmend in ihre Harnblase fließen; die Motivation vom Anfang schwand und die Sorge, es eventuell doch nicht bis zum WC der Akademie durchstehen zu können, nahm zu. So unauffällig, wie es ihr nur irgend möglich war, presste sie sich die Hand zwischen die Schenkel. Der Druck von außen lenkte ab, allerdings nur kurz …

 

Die Tür zum Kunstsaal stand offen, vor ihr wartete der unerwartet gutaussehende Dozent bereits auf sein Aktmodell.

»Wo bleiben Sie, wir hätten längst anfangen müssen«, empfing er sie freundlich, doch mit einem nicht zu überhörenden, nachdrücklichen Unterton in der Stimme.

»Entschuldigung, aber ich habe mich wirklich beeilt«, brachte Flora schneller atmend hervor und fügte in Gedanken an, dass sie sich sogar so sehr abgehetzt hatte, dass nicht einmal mehr der dringend erforderliche Gang zum Klo drin gewesen war. Ihn jetzt, nachdem sie den eindringlichen Beiklang vernommen hatte, noch vor der Stunde zu fragen, ob sie rasch zur nächstgelegenen Toilette huschen dürfte, traute sie sich nicht.

 

Beim Betreten des großen, lichtdurchfluteten Raums mit seiner riesigen Fensterfront wurde der schönen Blonden mulmiger zumute, als sie es sich im Vorhinein ausgemalt hatte. Ihres makellosen Körpers bewusst, war sie davon ausgegangen, dass der Moment, in dem sie vor den Augen der Studierenden sämtliche Hüllen fallen lassen müsste, kein Problem für sie darstellen dürfte. Nun jedoch schluckte sie – zum einen waren mehr Personen anwesend, als sie angenommen hatte und zum anderen verunsicherte sie sowohl ihre übervolle Blase als auch die überraschende Attraktivität des jungen Professors gehörig. Sie wollte sich nicht unbeholfen oder sonst wie dumm anstellen; ausgerechnet vor ihm eine Blamage zu erleben, lag nicht in Floras Interesse. Nun musste nur noch der gewaltige Pinkeldrang mitspielen, den sie sich immer stärker bemühte, unter Kontrolle zu behalten.

 

Nachdem sie vollständig entkleidet hinter dem Umkleide-Paravent hervortrat und bemerkte, dass sie weder von den Studentinnen und Studenten und schon gar nicht von deren Hochschuldozenten übermäßig angestarrt wurde, kehrte Floras Selbstsicherheit zurück, die lediglich von dem energischen Pochen in ihrem Unterleib gedämmt wurde.

Sie folgte den Anweisungen, indem sie sich auf einer steinernen Säule in Pose setzte. Obwohl sie tat, wie ihr geheißen wurde, konnte sie sich nur schwer auf die Anordnungen, die ihr deutlich machen sollten, auf welche Weise sie ihre Beine, Arme, die Hände und den Kopf zu halten hatte, konzentrieren. Da sie sich jedoch zusammenriss und versuchte, den Druck in ihrem Inneren für diesen Augenblick beiseitezuschieben, gelang es schließlich und Flora erstarrte in einer Haltung, die das perfekte Motiv für die Studierenden bot, um ein Abbild ihres Körpers zu Papier zu bringen.

»Bitte beginnen Sie, den Akt zu zeichnen«, forderte der Professor die Gruppe auf, welche auf Stühlen im Halbkreis vor Flora saß und gab der nackten Schönheit gleichzeitig ein Zeichen, sich ab diesem Zeitpunkt keinesfalls mehr zu bewegen.

 

Die Sekunden zogen sich zu gefühlten Minuten hin und die verstrichenen Minuten erschienen der jungen Frau wie nicht endenwollende Stunden. Auf was hatte sie sich nur eingelassen? Wie sollte sie dieser verheerenden Situation, in der sie überdeutlich fühlte, wie nah ihre Blase dem Aufgeben stand, bloß wieder entkommen? Verzweiflung breitete sich aus, hinzu kam, dass der Drang, sich bewegen zu wollen, geradezu übermächtig wurde. Liebend gern hätte Flora ihm nachgegeben und sowohl mit den Beinen als auch dem Unterkörper gewippt. Dieses war jedoch strengstens untersagt; sie war zum absoluten Stillhalten verdammt, und dabei musste sie doch so wahnsinnig nötig pinkeln. Glücklicherweise war es nicht kalt in dem sonnengefluteten Raum und sie fror zumindest nicht – ein schwacher Trost angesichts ihrer beinahe ausweglosen Lage.

Sie fokussierte alle Kraft auf den Schließmuskel der Blase, kniff ihn zu, so fest sie konnte. Wenn sie doch nur kurz ihre Position verändern dürfte – ein Wechseln der Haltung würde ihr übermäßig guttun, wie Flora vorauszusagen glaubte, doch dieser Gedanke, geschweige denn eine Erkundigung danach, erschien ihr mehr als sinnlos.

 

Den Tränen nahe, war sie eine halbe Stunde später an der Grenze jeglicher Körperbeherrschung angelangt. Die Muskeln begannen zu schmerzen, ihr gesamter Unterleib brannte und zitterte vor Anstrengung, die große Menge des angesammelten Urins in sich zu behalten. Nur zu gern wollte dieser hinaus, verlangte es mit aller Macht, die ihm zur Verfügung stand. Bislang hatte Flora ihn erfolgreich in Schach gehalten, doch nun drohte sie ernsthaft, die Kontrolle über ihre Blase zu verlieren. Indem der Schließmuskel zum ersten Mal eigenständig handelte, spürte sie, wie einige Tröpfchen aus der Öffnung ihrer Harnröhre hervorquollen. Heiß und nass rannen sie auf der weichen, blank rasierten Haut ihrer Vulva abwärts.

Oh nein, bitte nicht, schrie sie innerlich auf. Sie geriet in beträchtliche Panik, blieb nach außen, obwohl es ihr schwerfiel, aber stumm und gefasst. Was jetzt? Was soll ich nur tun, fragte sich die bildschöne Blondine ängstlich und war sich zeitgleich im Klaren darüber, dass ihr nicht mehr viel Zeit zur Verfügung stehen würde, um zu einer Entscheidung zu gelangen, die eine nasse Bloßstellung um jeden Preis verhindern sollte.

 

Es war weitaus weniger Zeit als gedacht, denn schon im nächsten Moment, in dem Flora noch fieberhaft überlegte und weiterhin glaubte, es beständig einzuhalten, machte sich ihr Blasenschließmuskel ein zweites Mal selbständig und entließ den gesamten Inhalt des prall gefüllten Organs. Der gelbe, kräftige Strahl jagte mit großem Druck und für Flora in solch erschreckender Weise aus ihrem Schoß hervor, dass ihre Wangen sich flammendrot verfärbten und sie sich in Grund und Boden schämte. Noch nie war ihr etwas so Peinliches passiert. Schamvoll hob sie den Blick und sah das Gesicht des Professors.

Von einem sichtlichen Erstaunen begleitet, nickte dieser ihr jedoch beruhigend zu, unterstrich dieses mit einer abmildernden Geste seiner Hand und richtete das Wort an die Kunstschaffenden, hinter deren Stühlen er mit Sicht auf die aufgeklappten Zeichenblöcke und das weiter vorn posierende Aktmodell stand:

»So, meine Herrschaften, sicher ist Ihnen unsere absichtliche Herausforderung für Sie aufgefallen. Bitte arbeiten Sie die Ästhetik der golden glitzernden Kaskade an der Vorderseite der Säule in Ihr bereits begonnenes Werk ein. Erkennen Sie die Schönheit und lernen Sie, auf das Unvorhergesehene zu reagieren.«

Zwar ein wenig verwundert angesichts dieser Wendung, doch flexibel und nicht im mindesten abgeschreckt oder verlegen, setzten die Studentinnen und Studenten ihre Zeichnungen fort. Sie integrierten Floras unkontrolliertes Urinieren, das mittlerweile die gesamte Oberfläche der Steinsäule unter Wasser gesetzt hatte, und dessen gelber Strom nun gleich eines warmen Wasserfalls an ihr hinab rauschte, gekonnt und mit unerschüttert gleichbleibender Konzentration in ihre Skizzen.

 

Verblüfft und nach wie vor befreiend pinkelnd, staunte Flora über die spontane Idee des sympathischen Dozenten, ihren Pee-Unfall in seine Unterrichtsstunde einzubauen, als wäre er fest eingeplant gewesen. Sein schnelles und hilfreiches Eingreifen milderte die schlimmste Blamage ihres Lebens beeindruckend ab und wandelte sie zu einer unkonventionellen und künstlerisch wertvollen Aktion.

Dankbar schaute sie zu Alexander, wie sie ihn insgeheim nannte, seitdem sie seinen Namen auf einem Schild neben der Tür des Kunstsaals gelesen hatte, herüber. Er sah sie ebenfalls an. Es lag etwas Warmes und gleichzeitig atemlos Aufgewühltes in seinem Lächeln, das er ihr zuwarf, während sie unbekleidet vor all den Menschen saß und entspannt pinkelte.

 

Von der Erektion, die sich in Alexanders Hose aufgebaut hatte, ahnte weder Flora, noch jemand anderes etwas. Ebenso wenig wie von seinem Fetisch, in dem die Female Desperation und das unbeherrschbare Loslassen seit jeher die Hauptrolle spielten – so, wie es gerade noch vor seinen Augen geschehen war.

Obgleich er sein Glück kaum fassen konnte, wunderte er sich im gleichen Moment darüber, dass ihm vorher nicht das Geringste an der bildschönen Nackten aufgefallen war. Selbst das kleinste Anzeichen einer Unruhe, die ihre vermutlich hochgradig massive Not verraten hätte, war zu erkennen gewesen. Was für eine grandiose Körperbeherrschung, wie unsagbar sexy …

Der junge Professor spürte seinen Phallus pulsieren und freute sich bereits jetzt auf die Wiederholung der hocherotisch-nassen Szene, die sich, ohne dass er imstande sein könnte, es zu unterbinden, in einer Dauerschleife in seinem Kopf abspielen würde. Und das, wie er es richtig einzuschätzen glaubte, bis ans Ende aller Tage. Dieser Gedanke ließ ihn gut gelaunt schmunzeln, während er fortgesetzt Augenkontakt mit Flora hielt.

Jegliche Mimik, zu der die Erwiderung seines Lächelns unzweifelhaft gehört hätte, war seinem Modell nach wie vor streng untersagt. Allerdings lag eine dermaßen offene Sympathiebezeugung in ihrem Blick, dass er diese als Ersatz durchaus gelten ließ. Dieses Glitzern, welches ausschließlich ihm galt, erwog ihn zu der Überlegung, die zart pinkelnde und verführerisch hübsche Flora später auf einen Drink einzuladen – dann jedoch nicht beruflich als Dozent, sondern als der ganz private Alex.